silbernes Becken

leihgabe

stalhof-silber in new york

stalhof-silber in new york

Objekte des focke-museums sind im Metropolitan Museum of Art zu sehen

Dass das New Yorker Metropolitan Museum of Art ein deutsches Landesmuseum um eine Leihgabe bittet, kommt eher selten vor. Manchmal aber eben doch. Für seine Sonderschau „The Tudors: Art and Majesty in Renaissance England“, die noch bis zum 8. Januar 2023 an der Fifth Avenue zu sehen ist, bat es das Focke-Museum um das sogenannte Stalhof-Silber, bestehend aus einem Becken und einer Kanne. „Diese Anfrage zeigt, über was für wertvolle und geschichtlich bedeutsame Objekte das Bremer Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte verfügt“, sagt seine Direktorin, Prof. Dr. Anna Greve.

Für Met-Direktor Max Hollein und die zuständige Kuratorin Elizabeth Cleland sind die Stücke sogar „Schlüssel-Objekte“ der Ausstellung, die den Wandel der Künste am englischen Hof während der Tudor-Zeit thematisiert. Da sich aus dem 16. Jahrhundert nur wenige englische Silberschmiede-Arbeiten erhalten haben, kommt dem Ensemble eine besondere Bedeutung zu, auch weil die Gestaltung der Schale dem Maler Hans Holbein d. J. zugeschrieben wird. Er war in London ein vielbeschäftigter Künstler und ist mit mehreren Gemälden in der Ausstellung vertreten.

silbernes Becken
Becken des Stalhofsilbers
silberne Kanne
Kanne des Stalhofsilbers

Aber wie kam dieses kostbare Objekt überhaupt nach Bremen? Mit dem Stalhof besaßen die Kaufleute der deutschen Hanse seit dem 15. Jahrhundert am Ufer der Themse eine Niederlassung. Zu ihr gehörten Wohn- und Lagerräume, Verkaufsbuden, Werkstätten und Kontore, Küchen, Speise- und Festsäle. Becken und Kanne dienten bei Festessen zum Reinigen der Hände. Das 1535/36 gefertigte Becken wird in der Mitte von einem Reichsadler verziert. Er war seit dem 15. Jahrhundert das Sinnbild des Londoner Hansekontors. Der knieende Putto auf dem Deckel der 1562/63 erstellten Kanne hält ein Weberschiffchen in den Händen und erinnert daran, dass am Stalhof vor allem Tuche umgeschlagen wurden. Als die Geschäfte nicht mehr wie gewünscht liefen, weil die Engländer zunehmend selber Stoffe herstellten, schloss die Hanse den Stalhof 1598. Wegen politischer Differenzen zwischen England und der Hanse kam das Silber aus Sicherheitsgründen nach Lübeck und wurde 1609 an Bremen verkauft. Diese beiden Teile sind die einzig noch erhaltenen Exponate des Stalhof-Silbers. Ende der 1970er-Jahre gelangte das Rats-Silber in das Focke-Museum, wo es in der Dauerausstellung seinen festen Platz hat.

Die schönen Künste wurden an den Höfen der Tudors (1485-1603) besonders gepflegt, um die eigene Rolle zu legitimieren und zu glorifizieren. Dafür sammelten sie Werke florentinischer Bildhauer, deutscher Maler, flämischer Weber und der besten Waffenschmiede, Goldschmiede und Drucker Europas. Gleichzeitig trugen sie mit ihren Aufträgen und Ankäufen dazu bei, dass sich ein eindeutig englischer Stil herausbilden konnte, was die Ausstellung im Metropolitan Museum of Art anhand von mehr als 100 Objekten dokumentiert. Darunter befinden sich ikonische Porträts, spektakuläre Wandteppiche, Manuskripte, Skulpturen und Rüstungen – sowohl aus der Sammlung des Met als auch von internationalen Leihgebern, darunter eben das Bremer Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte. Auf der Homepage des Museums bekommt man einen guten Eindruck von den herausragenden Exponaten der Ausstellung. Bevor Becken und Kanne auf Reise gingen, hat die zuständige Diplom-Restauratorin Silke Nienstedt beide Teile gründlich untersucht, insbesondere das Wappen aus Email inmitten der Schale, Korrosion entfernt und den Zustand der Objekte dokumentiert. Für den Flug in die USA wurde eigens eine Klimakiste mit Schwingungsdämpfer angefertigt, die die Erschütterungen beim Fahren und Fliegen ausgleicht. Silke Nienstedt hat den Transport als Kurierin nach New York begleitet, den Zustand der Stücke nach der Ankunft abermals begutachtet und dokumentiert und sie gemeinsam mit den Kollegen des Met in der Vitrine arrangiert. Nach Ablauf der Ausstellung wird sie sie auch wieder abholen und nach Hause bringen. Bis dahin können die Besucher und Besucherinnen immerhin zwei Repliken in der Ausstellung des Focke-Museums sehen.

pressekontakt

Alexandra Albrecht
Pressesprecherin Focke-Museum
Tel. 0421-699 600-32
albrecht@focke-museum.de